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Marktsicht: Globale Zeitwende an den Finanzmärkten

Investment
21.03.2022

Aus dem Pfadfinder-Brief Nr. 06 vom 19. März 2022, von Daniel Haase

 

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

wenn ich mich richtig erinnere, erstand der Bruder meines Vaters im Sommer 1989 für den Gegenwert mehrerer Jahresgehälter sein erstes eigenes Automobil, einen gebrauchten „Trabant 601 S de Luxe“ (hier nähere Informationen für jüngere Leser). Wenige Monate später brach der Trabi-Marktpreis auf ungefähr einen Wochenlohn ein. Niemand im Freundes- oder Familienkreis hatte meinen Onkel vor dem drohenden Wertverlust gewarnt – keineswegs aus Bosheit, sondern weil das, was kam, vollständig außerhalb unserer aller Vorstellung lag. Natürlich träumten viele hin und wieder vom Ende der Diktatur, von einem Freiheitstag oder wenigstens gewissen Lockerungen. Doch als der Untergang der DDR tatsächlich kurz bevorstand, sah ihn praktisch niemand kommen. Niemand im Osten und niemand im Westen. Vermutlich auch nicht Olaf Scholz, der Presseberichten zur Folge seinerzeit als Bundesvize der SPD-Jugend bei unseren SED-Oberen ein gern  gesehener Gast gewesen sein soll. Dass dieser Staat und alle mit ihm verbundenen Gewissheiten schon ein paar Wochen später für immer untergehen könnten, war schlicht unvorstellbar – bis es geschah. Im darauffolgenden Jahr kam die D-Mark und im Herbst 1990 ich kaufte meine ersten Aktien. Heute empfinde ich die hautnahe Erfahrung der damaligen Zeitenwende für meine Arbeit als Vermögensverwalter und Risikomanager als unschätzbaren Vorteil. Ein Beispiel:

Während sich die Berichterstattung unserer Medien in jüngster Zeit verständlicherweise auf den Krieg in der Ukraine konzentriert, haben ein paar kleinere Meldungen der vergangenen Tage meine Aufmerksamkeit erregt:

Die US-Regierung soll mit dem Versuch, arabische Verbündete zu einer höheren Ölförderung zu drängen, gescheitert sein. Sowohl in den Vereinigten Arabischen Emiraten als auch in Saudi-Arabien, so las ich, sei „niemand ans Telefon“ gegangen. Der saudische Kronprinz gab zu Protokoll, Joe Biden sei ihm egal. Xi Jingping hingegen keineswegs, denn ihn lädt der Prinz nach Riad ein, um die gegenseitigen Beziehungen zu stärken. Man sei in aktiven Gesprächen mit Peking, um einen Teil der Ölverkäufe an China statt in Dollar zukünftig in Yuan abzurechnen. Übrigens: In den 1930er Jahren entschied sich das saudische Herrscherhaus gegen die im Niedergang befindliche Weltmacht Großbritannien und schlug sich stattdessen auf die Seite der damals aufsteigenden Supermacht USA als Partner im Ölgeschäft und später auch als Schutzmacht. Kann es sein, dass Riad nun erneut an einem strategischen Seitenwechsel arbeitet, weg von der im Abstieg befindlichen hin zur nun aufsteigenden nächsten Supermacht.

 

 

Über viele Dekaden hat sich die Weltmacht USA ökonomisch zunehmend angreifbar gemacht (s. Abb. 2).

 

 

Während China im Austausch für Öl unterschiedlichste Waren anbietet, händigt Amerika in zunehmendem Ausmaß Dollars aus. Niemand kann seriös vorhersagen, wie lange das gut gehen kann, ich bin mir jedoch ziemlich sicher, dass „ewig“ die falsche Antwort ist. Insbesondere, weil die schon tot geglaubte Inflation auch im Dollar ein kraftvolles Comeback erlebt und die politischen Reibungen weltweit derzeit erkennbar zunehmen. In diesem Umfeld sollten Anleger früher oder später in diversen Märkten signifikant höhere Risikoprämien für ihr Kapital verlangen. Meines Erachtens verspricht das laufende Jahrzehnt daher sowohl an den Finanzmärkten als auch in der Weltpolitik deutlich volatiler zu werden als die zurückliegende Dekade. Wer mit seinem Vermögen da sicher hindurch navigieren möchte, darf sich – anders als in 2010er-Jahren – nicht in passiven Strategien ausruhen, sondern muss aktiv werden und regelmäßig seine Hausaufgaben als Investor erledigen.

Aktives Risikomanagement ist in dieser Dekade keine Kür, sondern Pflicht.

Herzlichen Grüße
Ihr Daniel Haase

 

PS: Der nächste Pfadfinder-Brief ist für Samstag, den 02. April 2022 geplant.

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