Anleger, die mit unterschiedlichen Anlageklassen und mehreren Einzelanlagen ins Rennen
gehen, landen meist weiter vorne als diejenigen, die nur auf den vermeintlichen Champion
setzen.
Der Sinn von Diversifikation (zu Deutsch: Streuung von Risiken und Mischung von Chancen) sollte jedem solide planenden Anleger schnell einleuchten. Kurz gesagt bezeichnet der Begriff ein Kernprinzip des Anlegens nach der Portfoliotheorie, bei dem durch die Kombination unterschiedlicher risikotragender Anlagen das Gesamtrisiko des Portfolios verbessert werden kann. Die Finanzwissenschaft postuliert: Wer auf mehrere Anlagen setzt, kann mit einem gegebenen Risikobudget eine höhere Rendite erzielen, oder andersherum ein gegebenes Renditeziel durchaus mit einem geringeren zu erwartenden Risiko verfolgen. Im Folgenden werden einige exemplarische Risiken und Chancen beschrieben.
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Rolf Mölk betreut seit 2001 Mandanten in der HAC-Vermögensverwaltung. Zudem hält der
Passionierte Hobbyflieger egelmäßig Vorträge über Kapitalanlagen und pflegt enge Kontakte zur Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW).
Immobilien
Die Deutschen lieben die Immobilie an sich. Das eigene Haus, die vermietete Wohnung: Solide, planbar, schwankt (vermeintlich) nicht im Wert und lässt ruhig schlafen. Diese Betrachtung greift jedoch sehr kurz: Steckt ein Großteil Ihres Vermögens in nur einer Immobilie, haben Sie ein Klumpenrisiko. Das, was mit diesem einen Objekt passiert, bestimmt, wie sich das Vermögen entwickelt. Brennt zum Beispiel das Haus nieder, oder sinkt die Nachfrage in der Lage drumherum drastisch, verliert das Haus – und damit Ihr Vermögen – deutlich an Wert! Ein ähnliches Problem greift bei vermieteten Objekten: Je weniger Mieteinheiten Sie haben, desto abhängiger sind Sie als Anleger von der Zuverlässigkeit der Mieter. Sind Tilgungen auf eine finanzierte Mietwohnung zu leisten, und der Mieter zahlt nicht, zieht aber auch nicht aus, dann müssen Sie die Tilgung aus anderen Mitteln leisten. Besser ist es da, der Vermögensanteil, der in Häusern und Wohnungen investiert ist, verteilt sich auf mehrere Objekte, in mehreren Städten, und auf zahlreiche Mietverträge. So würden im Falle eines Zahlungsausfalles etwa bei einer einzelnen Wohnung die anderen Mieteinnahmen einen Puffer bilden. Auch ein Schaden am Objekt oder die Wertminderung der Lage würden weniger hart durchschlagen.
Anleihen
Früher, als es im Euro-Raum beziehungsweise davor zu D-Mark-Zeiten noch Zinsen gab, wurden Anlagen in Zinspapieren, insbesondere in deutschen Staatsanleihen als „risikoloser Zins“ tituliert. Die Rückzahlung des Anlagebetrages galt als absolut sicher, der Zinscoupon wurde zuverlässig ausgezahlt, über die Bonität des Emittenten und den Bestand der Währung gab es längst nicht so große Sorgen wie heute. Wer heute noch vermeintlich sichere Staatspapiere kaufen möchte, erhält dafür kaum noch Zinsen – und mit den steigenden Schuldenbergen und der gebremsten Wirtschaftskraft in vielen Ländern der Euro-Zone gerät die Währung immer wieder in existenzielle Krisen. Damit liegt das Risiko von in Euro notierenden Anleihen sowohl in der Rückzahlung des eingesetzten Kapitals als auch auf der Zinsseite. Denn der Wert von Anleihen schwankt in dem Maße, wie die Bonität des Emittenten und der als Zins berechnete Risikoaufschlag schwanken. Seit einigen Jahren herrscht daher bei vielen europäischen Staatsanleihen das „zinslose Risiko“. Das beste Beispiel sind deutsche Staatsanleihen, die zwar mit (derzeit) hoher Wahrscheinlichkeit zurückgezahlt werden, dabei aber keinen Ertrag mehr liefern. Italienische Staatsanleihen dagegen werfen Zinsen ab, haben jedoch ein erhöhtes Ausfallrisiko, das noch durch die politische Linie der Regierungsparteien verschärft wird.
Will ein Anleger mit Anleihen also Erträge erzielen oder einen bestimmten Teil seines Vermögens liquide und schwankungsarm parken, kann er eine Mischung aus Staatsanleihen mit Zinscoupon und Staatsanleihen mit hoher Bonität mischen. Geht er dabei über die Euro-Zone hinaus, zum Beispiel in den US-Dollar, das britische Pfund oder den japanischen Yen, bekommt er unterschiedliche Zins- und Bonitätsfaktoren in sein Portfolio, die einander weniger stark gegenseitig beeinflussen, als diejenigen innerhalb der Währungsunion.
Aktien
Wie oft hört man von dem heißen Tipp, von der einen oder den fünf oder sieben Aktien, mit denen der Privatanleger definitiv in kurzer Zeit reich wird. Hören Sie weg! Solchen vermeintlich guten Tipps liegen selten die richtigen Fakten zugrunde. Je nach Größe des anzulegenden Vermögens können zehn Aktien ausreichen – in einem Fonds beispielsweise können es auch einmal 30, 50 oder 100 Aktien sein, auf die die Anlagesumme verteilt wird. Und das hat einen guten Grund: Selbst mit fundierten Analysen über die Bilanzkennzahlen, über die Heimat- und Absatzmärkte von Unternehmen, das Wettbewerbsumfeld und den aktuellen Stand im Börsenzyklus kann eine Handvoll Aktien, die sich sehr ähnlich sind, gleich schlecht performen. So sind etwa viele Unternehmen im DAX ausgesprochen abhängig von Exporten ins Ausland. Besitzen Sie als Anleger dann Titel von Firmen, die ausschließlich in Europa tätig sind, machen Sie sich abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung hauptsächlich in der Euro-Zone. Haben Sie nur Titel gekauft, die im großen Stil in die USA und nach Japan liefern, ist der Einfluss der entwickelten Industrienationen auf Ihr Portfolio hoch. Besser ist es da, Sie mischen die Chancen aus unterschiedlichen Branchen (Sektoren) wie Konsumgüterhersteller, Versorger, Immobilienunternehmen, Lebensmittelhandel sowie Ländern, Währungen und zum Beispiel von zyklischen und nicht-zyklischen Geschäftsmodellen. Auf die Art haben Sie zwar mehrere Risiken im Portfolio, doch die Wahrscheinlichkeit, dass alle gleichzeitig und in großen Maßstab eintreten, verteilt sich und schrumpft. Denn die Konjunkturzyklen der Emerging Markets und der entwickelten Märkte laufen nicht synchron, manchmal sogar gegenläufig. Ebenso treten unerwünschte Schwankungen bei Staatsanleihen und Einbrüche an den Aktienmärkten selten gleichzeitig auf. Wer beides hält, hat unterschiedlich proportionierte Chance-Risiko-Profile in den jeweiligen Asset-Klassen. Wer die Entwicklung der jeweiligen Märkte verfolgt und die Gesamtlage gut einschätzen kann, kann bei Bedarf die Gewichtung der Asset-Klassen und der Einzelanlagen neu austarieren, um das Chance-Risiko-Profil noch zu verbessern.
Gold
Anlagen in Gold sind im eigentlichen Sinne keine Kapitalanlage, denn Gold wirft keine Erträge ab. Sein Wert bestimmt sich – wie bei allen Assets – nach Angebot und Nachfrage. In Krisenzeiten ist Gold stärker gefragt, denn es kann wie eine Währung genutzt werden. Eine Beimischung von Gold im Portfolio kann daher wertstabilisierend wirken. Nur ein allzu großer Anteil bringt keinen hohen Nutzen. Wie hoch dieser Anteil sein soll, muss jeder Anleger für sich ermitteln. In Zeiten, in denen die Risiken steigen, erhöhen wir zum Beispiel in den Marathon-Strategien den Anteil auf bis zu 10%. Nehmen die Risiken wieder ab, kann der Anteil auch wieder heruntergesetzt werden. Andere Edelmetalle wie Silber oder etwa in großem Maßstab gehandelte (und gefragte) Industriemetalle können ebenfalls eine interessante Beimischung darstellen.
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Vertiefende Lektüre
„Professionelles Portfoliomanagement – Aufbau, Umsetzung und Erfolgskontrolle strukturierter Anlagestrategien“ von Christoph Bruns und Frieder Meyer-Bullerdiek, Schäfer Poeschl Verlag;
„Erfolgreich investieren – Strategien für Privatanleger“ von David F. Swensen, Murmann Verlag
Mischen & Streuen gegen die Angst
Neben den mathematisch nachweisbaren Effekten von Diversifizierung kommt noch ein psychologischer Nutzen hinzu: Haben Sie ein Dutzend oder mehr Einzelanlagen, macht es Sie weniger nervös, wenn eine oder zwei davon eine negative Entwicklung durchlaufen. Schließlich machen diese Anlagen nur einen Bruchteil Ihres Portfolios aus! Und – man kann es nicht oft genug sagen: Wer starke Nerven hat und insgesamt über eine fundierte Strategie verfügt, hält länger durch und trifft seltener aus der Panik heraus schlechte Entscheidungen. Denn wer zum falschen Zeitpunkt gierig kauft oder hektisch verkauft, zahlt zu viel beziehungsweise erhält zu wenig zurück, um in Summe erfolgreich anzulegen.
Fazit
Wer im Rennen um Vermögensaufbau und -erhalt auf mehrere Pferde aus unterschiedlichen Ställen setzt und diese bei mehreren Rennen antreten lässt, kommt eher ins Ziel als jemand, der glaubt, den sicheren Sieger erkannt zu haben. Beim Anlegen kann die Mischung von Chancen aus Anleihen, Immobilien, Aktien und Beimischungen wie Edelmetallen das Renditepotenzial deutlich erhöhen und dabei die Streuung der Risiken auf ein erträgliches und beherrschbares Maß bewirken.